Paula Radcliffe: EPO cheats out!
:::Eine Portrait über das Leben der britischen Laufikone
"Es war mein letzter
langer Lauf zwei Wochen vor Athen. Ich trainierte wegen der großen
Hitze, die uns in Athen erwartete, im Süden Spaniens. Alles war wundervoll, großartige,
ich war fit, hatte mich auf die Hitze eingestellt und mittlerweile
Erfahrung darin einen Marathon von vorne zu gestalten. Ja, ich war bereit
für Athen. Doch während dieses Laufes trat ich auf etwas, etwas kleines,
vielleicht einen Stein. Wahrgenommen habe ich das gar nicht richtig, es waren
keine Schmerzen
die ich anschließend spürte, es war mehr eine Verhärtung, eine Spannung die
sich in meinem linken Oberschenkel ausbreitete. So etwas oder
ähnliche Symptome hatte ich noch nie zuvor. Es schien auch nicht besonders
schlimm zu sein, also trainierte ich weiter. Mit Schmerzen kann ich umgehen, was
ist da schon eine kleine Verhärtung? Wir flogen nach Deutschland, wo die Ärzte
dem ganzen auf den Grund gingen: Sie entdeckten ein Hämatom an der Rückseite
des linken Beines, das nur mit Antiphlogistika (Medikamente, die entzündungshemmend
wirken) behandelt werden konnte."
Paula Radcliffe trainierte trotz allem unbeirrt weiter, doch die Nebenwirkung
der Medikamente waren fatal: Ihr Magen nahm nichts mehr auf, plötzlich zitterte
sie nach ihrem Bad in Eiswasser, das sie gewöhnlich nach harten
Trainingseinheiten nahm. Plötzlich konnte sie nachts kaum noch schlafen, gab
sie keine Interviews mehr. "Nein, sie konnte vor dem Marathon keine
Auskunft mehr geben, Paula kann einfach nicht lügen" erklärte ihr
Ehemann Gary Lough die Situation vor den Spielen. "Was hätten sie
geschrieben? Was für eine Befriedigung hätte das ihren Konkurrentinnen
gegeben, wir konnten nichts sagen."
"Schon bei Kilometer
10 wusste ich: Das wird ein langer, ein sehr langer Tag. Ich fühlte keine Kraft
in meinem Körper, ich nahm jeden Kohlenhydratdrink den ich an den
Verpflegungsstationen bekam, ich hangelte mich von Station zu Station. Ich kämpfte,
ich kämpfte die ganze Zeit, es war so fürchterlich, nie zuvor hatte ich so
etwas erlebt. Ich wusste wie man mit Schmerzen umgeht, ich hätte niemals
aufgegeben, wenn es bloß um Schmerzen ginge. Ich hatte keine Wahl, ich konnte
es nicht kontrollieren, ich hatte Angst meinen Körper zu zerstören."
Bei Kilometer 38 zerbrach
ihr großer Traum vom olympischen Gold entgültig. Tränenüberströmt, körperlich
und geistig völlig am Ende brach sie den Laufschritt ab. "Beim Laufen kann
ich vergessen was war, aber sobald ich aufhöre kommt alles zurück. Es war
einer des schlimmsten Momente in meinem ganzen Leben, ich brauche Zeit,
diesen zu verarbeiten." wird sie einige Wochen später zu Protokoll geben.
> Karriere: Siege
und Niederlagen
Am
17. Dezember 1973 in Northwich/Cheshire geboren bestritt sie mit einem Löffel
in der Hand ihren ersten Wettkampf bei einem Eierlauf in ihrer Kindheit. Jedoch
weit bevor sie schon viel größere Ziele vor Augen hatte. Das Laufen entdeckte
Paula Radcliffe im Alter von sieben, als sie ihren Vater (3:30h Marathonläufer)
des Öfteren beim Training begleitete. Sie rannte aus Spaß einfach ein oder
zwei Meilen mit ihm und fing an das Laufen zu lieben. Diese Liebe brachte sie
dann schon im zarten Alter von neun Jahren zum Bedford and County Athletics Club
dem sie bis heute treu geblieben ist. Dort fand sie zwar auch gefallen am Sprint
und Hochsprung doch ihre eigentliche Leidenschaft, das Laufen längerer
Strecken, stellte diese Disziplinen schnell
wieder in den Schatten. Warum? Weil sie ausdauernd war, weil sie Mary Decker das
olympische Finale 1984 über 10000m laufen sah. "Dort möchte ich auch
einmal hin." sagte sie sich damals und es stellte sich sehr schnell heraus,
dass die kleine Paula Radcliffe keine leeren Versprechungen machte.
Ihre ersten
nationalen Meisterschaften bestritt die 12-jährige Paula ganz ohne
Vorstellung, wie schnell man denn bei so einem Rennen sein musste, im Crosslauf
und wurde 299. von 320 Startern. Das war deprimierend, sie war am Boden, sie
erfuhr ihre erste große Enttäuschung. Doch von Niederlagen hat sich die Paula
Radcliffe schon damals nicht unterkriegen lassen. Ein Jahr später, es waren
wieder die Landesmeisterschaften im Cross, wurde sie überraschend gesamt
vierte, der Ehrgeiz hatte sie nun gepackt, sie hatte sehr schnell gelernt, dass
sie mit ihrem Willen ganz großes schaffen konnte. Sie blieb dem Verband nicht
unentdeckt durch ihr grandioses Auftreten und wurde prompt ins Nationalteam
berufen.
Ihre Lebensgewohnheiten
nahmen daraufhin fast schon professionelle Züge an: mit 14 war sie täglich um
Punkt neun im Bett, sofern in dieser Woche ein wichtiges Rennen anstand. Ihre
Freunde erhielten Absagen, bloß weil sie gut laufen wollte. Das war alles was
sie wollte.
Wenn ihr damaliger und jetziger Coach Alex Stanton sagte, sie solle eine halbe
Stunde laufen und der Dauerlauf bereits nach 28 Minuten zu Ende war rannte sie
unbeirrbar einfach noch zwei Minuten ums
Haus. "Meine Eltern lehrten mich: Was du in dein Leben investierst,
bekommst du auch wieder zurückgezahlt." Paula Radcliffe hat viel
investiert. 1992 wurde sie Juniorenweltmeisterin im Crosslauf.
Für ihr Studium gab sich
die ehrgeizige Paula vier Jahre - keinen Monat mehr - dann wollte sie Laufprofi
werden, wollte zu den olympischen Spielen, wollte es Mary Decker gleichtun. Und
tatsächlich, nach vier Jahren machte sie ihren Abschluss in modernen
Sprachen (Deutsch,
Französisch) mit einer First-Class Dergree. Bei den Spielen in Atlanta,
im selben Jahr, wurde sie über die 5000m
fünfte, fünfte trotz Studiums! Ihr Traum war in Erfüllung gegangen, jetzt
hatte sie sich einen Namen gemacht. Das Studium stellte sich auch privat als Glücksfall
heraus, denn sie lernte dort ihren
jetzigen Ehemann, den ehemaligen 1500m Mann Gary Lough (9. bei der WM 1995 über
1500m in Göteborg) kennen, den sie ein Jahr nach den Spielen wieder traf und im
Jahr 2000 heiratete. Er ist nicht nur Ehemann, er ist ebenso ihr Manager
geworden
1998 lief die nun weiter
aufstrebende Paula die schnellste Zeit, die jemals eine Frau bei ihrem ersten
Rennen über 10000m erreicht hat: 30:48;58min waren es auf dem 400m Rund in
Lissabon. Mit schnellen Zeiten jedoch hatte sie schon damals keine Probleme, es
waren vielmehr die Platzierungen in großen Meisterschaftsrennen auf der Bahn,
die sie nicht zufrieden machten. Zahlreiche vierte und fünfte Plätze bei
Weltmeisterschaften und Europameisterschaften machten sie nicht glücklich,
gaben ihrem Erfolghunger eher noch mehr Nahrung. "Viele Leute sagen ich
solle im Jahr der Olympischen Spiele 2000 etwas ändern, aber ich will das alles
nicht hören. Was ich will ist in jedem Rennen das Beste und Härteste geben und
es kommt immer ein neues Jahr und damit genug Rennen und Möglichkeiten eine
neue Taktik zu probieren." sagte sie vor den Spielen 2000 in Sydney. Doch
in Sydney war nichts anders, in Sydney wurde sie nach 24 Runden Tempoarbeit auf
den vierten Rang verwiesen. "Paula ist immer noch die gleiche, „ sagt
Michelle Dollard (Siegerin bei Paulas erstem Rennen 1986) "Paula ist dem
Feld auch später noch vorweg
gelaufen, nur sprinten konnte Sie nicht.“ Sprinten konnte die Britin wahrlich
nicht besonders gut, aber auf der Straße muss man auch nicht sprinten können.
Im Oktober desselben Jahres lief die, nach Wiedergutmachung eifernde, Paula
beim Great North Run Europarekord im Halbmarathon. Mit 1:07:07 h ließ
sie sogar den Marathonweltrekordler von 1998, Ronaldo da Costa hinter sich.
Einen Monat später holte sie ihren ersten WM-Titel. Wo? Natürlich auf der Straße
und zwar im Halbmarathon in Mexiko. Paula Radcliffe hat ihre Niederlage, wie
damals im Cross, nicht akzeptiert, hat Motivation daraus gezogen und wurde für
ihr Durchhaltevermögen und ihren Willen mit dem Weltmeistertitel belohnt
Die logische Fortsetzung
war der Sprung auf die Marathonstrecke. "Ich glaube ich kann einen guten
laufen" prognostizierte sie "Das Timing ist wichtig. Ich bin auch überzeugt,
dass man einen schnellen Marathon laufen kann und seine Schnelligkeit auf der
Bahn dabei nicht verliert. Ich würde mein Training für einen Marathon nicht
großartig umstellen."
Dann kam das Jahr 2002, das die Britin Paula Radcliffe aus Bedford zur
Weltleichtathletin und erfolgreichsten britischen Leichtathletin aller Zeiten
werden ließ. Sie dominierte Anfang des Jahres das Feld bei der Crosslauf
Weltmeisterschaft in Dublin und für viele war klar, dass diese Frau nicht mehr
als vierte aus einem Rennen gehen würde. Am 13. April 2002 stand sie dann in
London an der Startlinie zu ihrem ersten Marathon. "Der Körper muss
stark genug für einen Marathon sein, man muss es mental wollen." Sie
wollte es und verließ ihren letzten Tempomacher schon nach 30 Minuten, es waren
die
langsamsten 30 Minuten in diesem Rennen. In typischer Manier rannte sie dem Ziel
entgegen, nicht mit der Angst drei Äthiopierinnen im Nacken zu haben, nein: mit
der Gewissheit die Straße, den Marathon als ihr Herrschaftsgebiet entdeckt zu
haben. Die 25. Meile lief sie dabei in unglaublichen 5:06min - die Männer
liefen diesen Abschnitt nur 11 Sekunden schneller. Nach einem Debütweltrekord
von 2:18:56h kam sie ins Ziel und ließ die Experten Bauklötze staunen -
"...hätten mich die Tempomacher doch bloß nicht gebremst."
Auf der Welle der Euphorie
machte sie mit dem Feld über 10000m bei den Europameisterschaften in München,
kurzen Prozess, lief über eine dreiviertel Minute auf die Zweitplatzierte
heraus und verpasste die magische 30 Minuten Barriere mit 30:01,09min nur um
Haaresbreite. Es war aber trotz strömendem Regen Europarekord, ein weiterer
Europarekord.
"Ich weiß, Ausdauer
ist meine Stärke, aber ich habe niemals gedacht, dass das Training auf den
Marathon derart mein Durchhaltevermögen auf der Bahn verbessern würde. Jetzt
gehe ich nicht mehr mit dem Gedanken in einen Rennen: Ich bin imstande es zu
gewinnen. Ich gehe rein und denke: Ich werde gewinnen - oder
zumindest, es gibt keinen Grund warum mich jemand schlagen sollte."
Geschlagen hat sie 2002 auch niemand. Bei den Commonwealthspielen Ende August
siegte sie über die 5000m ebenso wie bei ihrem zweiten Marathon in Chicago. Sie
lief die dritte Meile unter 5 Minuten und ließ von da an die amtierende
Weltrekordhalterin Cathrine Ndereba aus Kenia zur Statistin werden. . Es wurde
ein Weltrekord, mit 2:17:18h über 42,195km ein Fabelweltrekord.
Allen
zeigte sie damit, dass ihr Weg richtig war, den sie bis hierher gegangen war.
Eine Ehrung nach der anderen folgte: Mit sechs Mal mehr Stimmen als David
Beckham zur wurde sie zur britischen Sportpersönlichkeit des Jahres gewählt,
wurde Weltleichtathletin und so weiter und so fort. "Ich weiß zu was Paula
imstande ist - ich sehe es Tag ein Tag aus - und es würde mich nicht überraschen,
wenn sie noch weit mehr erreichen würde" sagte ihr Ehemann Gary Lough nach
dieser famosen Saison.
Weit mehr sollte sie
bereits im Frühjahr des folgenden Jahres erreichen. Es dauert immer eine Zeit
zu sagen: "Hey gut, mittlerweile ist eine Zeit von unter 13 Minuten über
5000m bei den Männern keine Eintagsfliege mehr. Aber zu glauben, dass eine Zeit um die 2:22h
über die Marathondistanz für Frauen absolute Weltklasse ist und dann zu sehen,
dass es da jemand gibt, der sieben Minuten schneller läuft fällt verdammt
schwer. Das ist ein wahrer Quantensprung im Marathon. Einen Quantensprung den
Paula Radcliffe bei ihrem dritten Marathon in London 2003 mit 2:15:25h machte.
Der beste Brite war dabei langsamer als sie. "Man kann im Leben nur einige
sehr gute Marathons laufen, mein Konto ist fast voll, also werde ich bis Olympia
nächstes Jahr kürzer treten." sagte sie noch nach ihrem Fabelweltrekord
in London. Es war unglaublich, das Thema Doping war nicht weit. Die Medien, die
Presse feierte, leisere Stimmen zweifelten allerdings an dieser unglaublichen
Leistung. Wie kann eine Frau so schnell laufen?
>Training
"Paula ist
wahrscheinlich die professionellste Athletin, die ich jemals gesehen habe und
wenn du Talent im Sinne von hart arbeiten und das Beste aus dir rausholen
siehst, ist sie wohl auch die talentiertest Athletin der Welt" gibt Gary
Lough Auskunft über Paula. Neben ihrem Training zu Hause in Leicester sind die
beiden den größten Teil des Jahres hoch oben in den Pyrenäen zu finden, wo
sie in Font Romeu, ihrem Zweitwohnsitz, trainieren. "Vor der Tür unseres
Appartements haben wir eine 400m Bahn, ein Schwimmbad, sowie die Möglichkeit
Fitnesstraining zu machen und Massagen zu bekommen." erzählt die Britin.
Jedes Frühjahr zieht es die beiden zusätzlich noch ins Trainingslager nach
Albuquerque (New Mexico), wo sie ebenfalls unter Höhenbedingungen trainieren können,
so geschehen vor der grandiosen Saison 2002.
"Es ist schwer eine
typische Trainingswoche von Paula herauszuheben, weil sie eine Vielzahl an
Dingen macht." sagt Lough. Im Prinzip trainiert sie immer sieben Tage am Stück,
setzt dann den achten komplett aus. Sie rennt am Tag etwa 22 Meilen (35,5km),
morgens zu ihrer Haupttrainingseinheit 12-15 (Warm-Up, Streching, 30 bis 90min
Dauerlauf) und weitere 7 am frühen Abend. Begleitet wird sie dabei stets von
ihrem Mann, der das Fahrrad dem Laufschritt vorzieht: "Wenn ich mit ihr
trainiere vergesse ich manchmal, dass sie ein Mädchen ist. Eine Menge der Jungs
um Loughborough, wo sie studierte - gute Läufer - wollten einfach nicht mehr
mit ihr laufen, weil sie zu schnell war." Einen Teil des Trainings
absolviert sie auch mit ihren Freundinnen aus dem britischen Nationalteam, dem
sie schon seit sie 12 ist angehört. "Ja, wir sind ehrgeizig und einige
unserer Trainingsläufe werden am Ende zu einem Rennen, aber wir sind sehr sehr
gute Freunde." Härte im Training von Paula Radcliffe ist kein Fremdwort.
Von einem zwei Kilometer langen Asphaltstück auf dem sie ihre Tempoeinheiten
absolviert ist die Rede, ebenso von der Tatsache, dass keiner ihrer Dauerläufe
über 3:45min pro Kilometer ist. "Ich laufe zwar mit Pulsuhr, doch während
des Laufes schaue ich eigentlich nie darauf. Ich bin jemand der es mag leise zu
laufen, ohne reden, einfach nur laufen. Das ist meine Zeit, keiner sagt mir:
mach das und das! Ich kann nachdenken, ich kann meine Gedanken klar
strukturieren, Probleme lösen. Natürlich ist es auch eine Möglichkeit das
Beste aus mir rauszuholen, es wäre gelogen zu sagen, dass ich es nicht genießen
würde so gut darin zu sein." erklärt Paula ihre Einstellung zum Laufen.
"Ich
gehe gewöhnlich um 22 Uhr ins Bett und stehe nicht vor neun auf. Zusätzlich
schlafe ich nachmittags noch einmal zwei Stunden. Du brauchst wirklich so viel
Schlaf, wenn du so hart wie ich trainierst." Und 230 bis 270km die Woche
sind hart. In Eiswasser steigt sie nach den harte Trainingseinheiten und
mindestens zwei Mal die Woche steht Krafttraining mit Gewichten auf dem Plan. Tägliche
Massagen sind ebenfalls unumgänglich für diesen Trainingsumfang. " Ich könnte
nicht so viel trainieren, wenn ich keine Wettkämpfe hätte. Wettkämpfe brechen
den Trainingsalltag auf, geben mir etwas, wonach ich weiter in die Zukunft schauen
kann." Vor Wettkämpfen spielt sie unterschiedliche Rennszenarien durch und
versucht vorauszusehen, was in jeder dieser passiert. "Wenn ich wirklich
aufgeregt bin, nutze ich auch Entspannungsübungen, ich muss mental 100% bereit
sein." "Die Warmmachphase an sich dauert etwa 45 Minuten: Ich laufe zu
erst 10 bis 15 Minuten in einem gemäßigten Tempo und dehne mich anschließend
sehr lange, besonders an kalten Tagen."
Zu ihrem Training auf den
Marathon sagt sie, dass ihre Basis von dem Training bis dato gestimmt hat, jedes
Jahr kamen ein bisschen mehr Umfang sowie neue Übungen hinzu. Sie läuft für
den Marathon den langen Lauf Sonntags eben noch ein bisschen länger und baut
Mitte der Woche einen zweiten langen ein. Klingt einfach. "Wenn du 2:20h
laufen willst musst du mindestens 31 Minuten auf 10km bringen." begründet
sie den nur geringen Unterschied zum 10000m Training.
Keine andere Athletin
wurde öfter kontrolliert als Paula Radcliffe, genau 123 Dopingtests waren es
allein im Jahr 2002. Vor ihrem Weltrekordlauf in Chicago forderte sie sogar
einen Bluttest. "Wenn ihr ihn nicht macht, zahle ich den Test eben aus
meiner eigenen Kasse." gab sie zu verstehen. Sie ist eine vehemente Kämpferin
gegen Doping, nicht zuletzt gesehen bei der WM 2001 in Edmonton, als sie gegen
den Start der zuvor auf EPO getesteten Russin Yegorova protestierte: "EPO
cheats out" stand auf dem selbstgeschriebenen Plakat. "Ich stehe dazu,
es denken einfach zu viele Leute, dass wir alle dopen. Es ist wie in der Tour de
France, da steht keiner auf und sagt was, wenn er weiß, dass ein anderer
illegale Mittel nimmt. Da stehen die wo nichts nehmen und die wo voll von dem
Zeug sind Seite an Seite. Ich will nicht, dass das in meinem Sport auch so
ist." Sicherheitskräfte forderten sie auf das
Schild zu entfernen
und der Präsident des britischen Leichtathletikverbands David Moorcroft warnte
sogar: "...womöglich muss sie nun den Rest ihrer Karriere immer hinter
sich schauen und Angst haben. Ich bin besorgt, dass sie sogar um ihr Leben fürchten
muss."
Auf die Frage, ob ihr ähnliches
wiederfahren könnte wie Dieter Baumann (Zahnpastaaffäre) antwortet sie:
"Ich weiß, es klingt ein wenig nach James Bond, aber ich glaube einfach,
nach all dem für was er gestanden ist, würde er niemals bewusst gedopt
haben." "Ich passe genau auf, was ich trinke und was ich esse, das ist
enorm wichtig."
"Es muss ein Sport sein in dem du trainieren kannst und erreichst was du
verdienst ohne dabei deine Gesundheit zu riskieren. Im Moment scheint die IAAF
mehr Interesse daran durch Fortschritt der Leistungen Aufmerksam zu gewinnen,
anstatt das Problem Doping mal am Schopfe zu packen." sagt Radcliffe, die
kein Geheimnis daraus macht, dass sie schon seit 16 Jahren unter Leistungsasthma
und anderen Allergien leidet. "Meine Lunge zieht sich zusammen, meine
Atmung wird flach und manchmal wird es mir schwindelig." zählt sie die
Symptome auf. "Aber zum Glück habe ich mein Asthma unter Kontrolle. Durch
rechtzeitiges Reagieren auf anstehenden Pollenflug, kann sehr gut damit
umgehen." Über den Tag verteilt sieht die Behandlung ihres
Leistungsasthmas folgendermaßen aus: Morgens nach dem Aufstehen eine
vorbeugende Inhalation, dann jeweils vor den beiden Trainingseinheiten das selbe
Spiel und noch einmal vor dem Schlafengehen. "Ich glaube nicht, dass Asthma
meine Karriere beeinflusst hat. Wenn du Asthma hast, nimm es nicht einfach so
hin - lerne es zu kontrollieren - lass es nicht dich kontrollieren."
(Zweifler werden sich nun schnell ihren Teil dazu denken, aber das Thema
Leistungsasthma ist im Profisport sowieso ein spezielles Thema und soll an
dieser Stelle nicht näher erörtert werden.)
Ausgesorgt
hat die Multimillionären Paula Radcliffe längst. Lukrative Verträge mit Nike,
Vittel und Cadbury Chocolate haben es neben dem ganzen Preisgeld möglich
gemacht. "Ich weiß wirklich nicht was ich genau verdient habe, aber kürzlich
habe ich mir einen Mercedes gekauft und wir fahren auch noch einen Alfa Romeo
156." "Geld war aber nie meine Motivation, ich liebe das Laufen
einfach." spricht eine, die wirklich hart dafür gearbeitet hat. "Ich
bin glücklich, wenn wir einen schönen Urlaub haben und das nötige Geld für
mein Training." Neben diesem Training bleibt nicht viel Zeit für Hobbys:
"Sie liebt es zu essen und das nicht zu wenig. Besonders Sushi und
vor allem Schokolade." sagt Gary Lough über die Essgewohnheiten seiner
Frau. Natürlich hält sie auch Diät, aber die ist weit nicht so streng wie man
denken mag. Sie isst eigelbfreies Omelett zum Mittag, auch Straußenfleisch
gegen Eisenmangel. "Es gibt nicht viel das ich nicht esse. In Tagen vor
wichtigen Wettkämpfen esse ich vielleicht keinen Kuchen mehr, aber Schokolade würde
ich niemals aufgeben."
Es sind eher Hobbys, zu
denen man keine große körperliche Anstrengung aufbringen muss: Lesen, Musik hören
(Shania Twain,
The Corrs...), Fernsehen (Sportveranstaltungen, Filme…) oder mit Freunden
zusammen essen gehen.
>Zukunft
"Ich glaube der 5000m
Weltrekord ist angreifbar, die 10000m kann ich sicher auch noch schneller laufen
und wichtig für mich ist, dass ich einen Weltmeistertitel auf der Bahn
gewinne.....und dann gibt es da noch die Olympischen Spiele. Keine Sorge, ich
habe noch viel zu tun..." und das nimmt man ihr ab, wenn man ihrer
Lebensgeschichte kennt. Paula Radcliffe hat sich in ihrer Laufbahn sehr vieles
hart erarbeitet, hat viele Opfer gebracht und hat gezeigt, dass sich Wille,
Ehrgeiz, Talent und Geduld auch in einer schnelllebigen Zeit wie der heutigen
noch auszahlen. Und Tiefschläge, Tiefschläge kein Grund sind nicht
weiterzuarbeiten, eher Ansporn das nächste Mal schneller zu laufen.
Nach allem was ich über Paula Radcliffe gelesen habe, erscheint sie mir wie ein Prototyp des Laufsports, sie ist jemand der wirklich das Laufen als sein Lebensziel gesteckt hat und egal was sie auch zurückwirft, es geht für Paula Radcliffe immer weiter. Man kann diese Aufopferung von keinem Menschen der Welt verlangen, es steht auch nicht zur Frage Paula Radcliffe zu kopieren. Es gibt nur zwei Punkte die man sich bei dieser Ausnahmeathletin bewusst machen muss:
Paula Radcliffe hat den
Weg von unten nach ganz oben geschafft. Ob Äthiopierinnen oder kleine Steine,
die Britin ist noch nie liegen geblieben und das hat sie so hart und mittlerweile
zu einer fast unschlagbaren Läuferin gemacht, von der nicht wenige Stimmen
behaupten, dass sie wohl die beste Athletin ist, die England je hervorgebracht
hat.
Paula Radcliffe tut dem
Laufsport gut, weil sie wie Baumann eine Identifikationsfigur ist, weil
sie für viele Nachwuchsläufer/Innen greifbar ist. Sie ist nicht nur die
Weltmeisterin Paula Radcliffe, sie ist vielmehr noch die nette Engländerin von
nebenan, die mit 12 Jahren drüben in der Nachbarschaft um Häuser gerannt ist
weil sie einmal zu den Olympischen Spielen wollte.
>Ergänzungen:
>Quellen:
>Bildquellen: